Die neue Grube

aus dem Buch: “der Gerichtsbezirk Preßnitz” v. VS-Lehrer Andreas Magerl, Julius Beck Verlag 1906




Fotos: Eveline Frank

Am “Dreiländer-Eck” Preßnitz – Dörnsdorf – Reischdorf auf einer Anhöhe steht die Statue der heiligen Jungfrau Maria mit dem Jesukindlein auf dem Arme, das mit trautem Blick zur Mutter aufsieht, während es in seinen Händchen die Weltkugel und das Zepter hält.

Hier stand einst durch lange Zeit eine kleine Berghütte, die eine ergiebige Grube erhielt. An die Statue und die Berghütte knüpft sich folgende Sage:

Armut, Krankheit und mannigfaltiges Elend hatten in einer armseligen Hütte des Erzgebirges ihren Sitz aufgeschlagen und der Hausvater wußte nicht, wie zu helfen. Als er eines Tages seie vier totkranken Kinder ansah und sein armes Weib, das sich härmte und vor Not bittere Tränen vergoß, da wollte ihm vor Weh schier das Herz zerspringen. Er ergriff den Stab und wanderte in die nahen Dörfer um mitleidige Menschen um Hilfe und Erbarmen anzuflehen. Allein wo er anhielt, wies man ihn ab, nicht etwa aus Hartherzigkeit oder Mangel an Nächstenliebe, sondern weil damals eine größere Teuerung im Lande war und insbesondere in dem armen Erzgebirge jeder selbst an Not litt.

So war der arme Mann auf dem Weg zurück in die Hütte. Quälender Hunger und die Vorstellung, in welcher Lage er die Seinigen antreffen würde, brachen seinen Mut. Ermattet fiel er auf dem Wege nieder und Verzweiflung erfaßte seinen Sinn. Ein schrecklicher Gedanke durchwühlte sein Gehirn, zum Mörder an sich selbst zu werden, um so der irdischen Bedrängnis zu entgehen, denn einen Strick trug er schon längere Zeit mit sich. Noch einmal erwachte in ihm der christliche Sinn, er kniete nieder und betete inbrünstig zur heiligen Jungfrau Maria.

Da fühlte er sich gestärkt, beseligende Ruhe und wohltuender Friede kehrte in sein Herz ein. Der ermattete Körper sank auf den Rasen hin, die Natur forderte ihr Recht und er verfiel in einen festen Schlaf. Da erscholl ihm himmlischer Geisterchor, ein Lob- und Preisgesang durchzitterte die Lüfte um ihn her und umgeben von Engelscharen erschien Maria die Himmelskönigin mit dem lieblichen Jesukinde auf dem Arme. Sie tröstete den Staubgeborenen mit erquickenden Worten und sagte: “ Wach auf, öffne die Erde unter deinem Haupte und fasse Vertrauen in Gott!” Von heiligem Schauer ergriffen erwachte der Bergmann und fühlte sich wie neugeboren. Noch immer schien ihm die überirdische Musik zu ertönen – endlich wollte er doch versuchen, ob er geträumt oder gewacht. Er ergriff seinen Bergstock und schaffte die Erde auf, die ihm als Kopfkissen gedient hatte. Kaum war er etwa einen halben Meter tief gekommen, sank er mit einem Male auf seine Knie nieder und rief: “ Gelobt seist dir barmherziger Gott und die seligste Jungfrau, ich bin gerettet!”

Ein großes Stück Gold lag zu seinen Füßen, das nun aller Not abhalf. Wie jubelten da die Seinigen, welche durch ärztliche Hilfe bald benasen und durch hinreichende Nahrung bald wieder frisch wurden. Das Glück fand sich nun in der Hütte des armen Bergmannes in reichlichen Maße ein.

Schächte wurden getrieben und viel wertvolles Erz gewonnen. Neben der unansehnlichen Berghütte erhob sich alsbald an der wunderbaren Stelle eine Bildsäule der heiligen Jungfrau Maria, welche der Bergmann in seinem frommen Sinn und aus Dankbarkeit für die glückliche Errettung seiner Familie der Himmelskönigin hatte errichten lassen. Der Bergmann aber lebte daneben mit den Seinen glücklich viele Jahre beisammen.

Nun ist die Grube seit langer Zeit nicht mehr im Betriebe, aber immer noch wird die Statue in hohen Ehren gehalten und manches Gebet bei ihr zum Himmel entgegengesendet, um Trost in trüben Zeiten und Stunden zu erflehen, was ein großes Stück Gold für manche wunde Seele ist.

Auf der Marienstatue steht geschrieben:

GOTT UND MARIAE DER GOETTLICHEN MUTTER

VOM HEILIGEN BERG ZU EHREN HAT ADAM HAAN

AUS DER STADT PRESSNITZ DIESES AUFRICHTEN LASSEN.

Anno 1753



Die Statue wurde 1895 renoviert.

Heute bestehen diese Orte schon lange nicht mehr, diese Statue wird aber noch immer geehrt und besucht, was man auf dem Bild erkennen kann. Kerzen (bei meinem Besuch brannte sogar eine) und Blumen.